Ägypten

Einreise/Katherinkloster
Die Ausreise aus Israel verlief vergleichsweise einfach - verglichen mit der Einreise jedenfalls. Die Einreise nach Ägypten gestaltete sich da schon etwas schwieriger. Nach ca. 130 Dollar, mindestens 30 Stempel in 5 verschiedenen Büros war auch diese Hürde geschafft. Dafür gab es dann aber auch arabische Nummernschilder, Fahrzeugpapiere und ein Schwung gestempelter Blätter. Da wir in der Arabischen Schrift nichts lesen können, hatte ich keine Ahnung ob ich Stephans Papiere oder meine eigenen hatte.
Nach der Einreise fuhren wir direkt zum Katherinkloster auf der Sinai-Halbinsel und campten dort. Die Strasse führte durch wunderschöne Berglandschaften. Abends haben wir dann erst mal gekocht - die Spaghetti waren, um es vorsichtig zu formulieren, geschmacklich eher bedenklich - trotz Hunger.

Katherin Kloster

Natürlich haben wir uns auch den Sonnenuntergang auf dem Berg Mooses angesehen. Da wir uns erst verlaufen hatten mussten wir nach ca. 300 Höhenmetern das ganze Stück wieder zurück laufen. - Das hatten wir in unserem Zeitplan nicht einkalkuliert. Wir schafften es gerade noch rechtzeitig zum Sonnenuntergang auf den gut 2300 m Hohen Gipfel. Belohnt wurden wir mit einem einmaligen Ausblick auf die Berg- und Wüstenlandschaft Sinais.

Die Gesetzestafeln mit den 10 Geboten von Moose haben wir übrigens nicht gefunden, dafür gab es kurz unterhalb vom Gipfel eine Cola zu kaufen. Beim Rückweg ließ uns dann auch noch meine Taschenlampe im Stich, so dass wir den letzten Rest im Dunkeln ins Tal laufen mussten.

Ausblick vom Berg Mooses


Die Tour der Leiden

Da wir noch keinerlei Offroaderfahrung mit dem Motorrad hatten, beschlossen wir erst einmal ohne Gepäck für ein paar Stunden in der Wüste unser Glück zu versuchen. Da es eigentlich recht gut klappte, planten wir mit einer GPS-tauglichen Karte eine Tour quer durch Sinai abseits der geteerten Straßen. Die Straßen die wir benutzen wollten waren auf der Karte als Feldwege eingezeichnet mit 2 schwierigen Passagen. Die Gesamtstrecke betrug etwa 110 km. Eigentlich kein Problem - dachten wir. Wir fragten mehrere Einheimische nach dem Straßenzustand und dannach, wie lange man für diese Strecke braucht. Die Angaben schwankten zwischen 2 und 4 Stunden. Vorsichtshalber packten wir dennoch 14 Liter Wasser ein.

Stephan bei Übungsfahrt

Ich bei Übungsfahrt in der Nähe vom Katherinkloster

Voller Elan starteten wir morgens in aller Frühe. Anfangs war der Weg noch ziemlich gut, wurde aber immer schlechter. Irgendwann bestand der Weg nur noch aus großen sandigen Löchern die das Motorrad jedesmal aufsetzen ließen - der Motorschutz war voll gefordert. Wir durchquerten diese Wegabschnitte nach dem Schema anfahren, festfahren, umfallen, gut 300kg Motorrad aufheben, anfahren, festfahren umfallen, usw. - Ein Heidenspaß bei knapp 40C und mit den Motorradklamotten.
Nach ein paar Stunden hatten wir das erste schwierige Wegstück hinter uns und der Weg wurde wieder besser. Leider war es auch schon dunkel (von wegen 2-4h für die gesamte Strecke) und wir schlugen unser Zelt auf. Unser GPS zeigte eine Durchschnittsgeschwindigkeit von etwas über 8 km/h an - nicht gerade Weltklasse. (Schlafplatz N28°32,294'; E34°17,300')

Am anderen Morgen starteten wir bereits um 6 Uhr, um der größten Hitze zu entgehen. Nach ca. 2 Stunden kamen wir an die 2. schwierige Stelle - ein Pass mit etwa 350 Höhenmetern diesmal ohne Sand, dafür mit großen Felsbrocken auf dem Weg. Die ersten 100 Höhenmeter gingen noch einigermaßen - einer schob, der andere fuhr - dann wurde es aber so steil, dass nichts mehr ging. Also das ganze Gepäck herunter, einer schob und der andere versuchte meterweise den Pass hoch zu fahren.
Langsam wurde auch das Wasser knapp. Eine Beduinenkarawane die an uns vorbeiritt als wir mal wieder das Motorrad aufhoben gab uns 4 Liter Wasser. Als das erste Motorrad endlich oben war, mussten wir wieder hinunter zum anderen Motorrad laufen - das geiche Spiel begann noch einmal. Später kam noch ein einzelner Beduinen auf dem Kamel vorbei (gerne hätten wir getauscht) der uns beim Schieben des letzten Stücks half. Ohne seine Hilfe beim Schieben hätten wir die Motorräder kaum nach oben bekommen.
Dannach wieder einmal den ganzen Pass hinunter laufen um das Gepäck den Berg hoch zu schleppen - 20 m laufen, Gepäck absetzen, zurück laufen, den Rest holen... Da werden 250 Höhenmeter zur einer kleinen Ewigkeit. Insgesamt dauerte die Aktion etwa 5 Stunden - wir hatten vom vielen Laufen Blasen an den Füßen und waren fix und fertig.
Zum Glück wurde die Piste nach dem Pass immer besser und wir kamen recht schnell voran.

wir bekommen Wasser von den Beduinen

Nach etwa 1,5h auf relativ gutem Weg näherten wir uns der Teerstraße. Ich freute mich schon auf ein Hotel am Strand in Dahab. Blöderweise tauchte nach einer Kurve ein hoher Wall auf, der von der linken bis zur rechten Talseite reichte. Keine Chance mit dem Motorrad da irgendwie darüber zu fahren. Auch außen herum war unmöglich.
Wir stiegen ab und kletterten den etwa 2,5m hohen Wall hinauf. - Dort, nach drei weiteren Wällen die teilweise noch höher waren als der erste, da war sie, unsere Teerstraße, in lediglich 300m Entfernung. Wir kletterten noch über die anderen Wälle und liefen auf ein Gebäude am Straßenrand zu.

Da kam uns auch schon ein Radpanzer und ca. 7 Soldaten entgegen. Jetzt war klar, wer für die sch... Wälle verantwortlich war. Der Obersoldat fragte uns was wir hier wollen, die Strecke sei schon seit mehr als einem Jahr komplett gesperrt. Nach einigem Diskutieren gab er uns etwas Wasser und macht uns klar, dass wir wieder zurück müssen. ???
Da es wegen der Berge keinen anderen Zugang zur Teerstraße hin gibt bedeutet das, weitere zwei Tage den gleichen Weg zurück zum Katherin Kloster zu fahren. (Wie schon Mooses, er ist ja auch 2x durch die Wüste marschiert bis er im gelobten Land war) Mir schmerzte jeder einzelne Muskel, unsere Motorräder waren halb zerstört und wir hatten Hunger.

Wir machten dem Obersoldaten klar, dass wir uns keinen Meter zurück bewegen würden. Wir legten uns vor sein Büro in den Schatten und warteten erst einmal 1-2 Stunden ab. Irgendwann machten wir ihm mehrere Vorschläge:

  1. die Motorräder mit einem Autokran über die Wälle heben
  2. wir zelten 4 Tage vor seinem Büro, ruhen uns aus und fahren dann zurück
  3. wir graben uns durch die Wälle und versuchen die Motorräder irgendwie darüber zu bringen

Vorschlag 2 sagte ihm glücklicherweise gar nicht zu, Vorschlag 1 leider auch nicht - da blieb nur noch das Graben übrig. - Da es nirgends eine Schaufel gab gruben wir uns mit unseren Tellern, dem Topf und mit den Händen durch die Wälle. Da uns 2 Soldaten halfen die Motorräder über die Wälle zu wuchten mussten wir nicht ganz soviel graben. Zu viert schoben und zogen wir die Motorräder den Wall hinauf und warfen es dann auf der anderen Seite mehr oder weniger wieder hinunter. Nach ca. einer Stunde war auch das geschafft und wir mussten noch unser komplettes Gepäck über die Wälle tragen.

Dannach wurden wir noch per Polizeieskorte zum Polizeichef nach Dahab gebracht. Dort mussten wir hoch und heilig versprechen, nie wieder abseits geteerter Straßen zu fahren. - Das Versprechen viel uns recht leicht. Außerdem mussten wir noch irgendwelche Erklärungen unterschreiben.

Seitdem muss sich am Katherin Kloster jeder Motorradfahrer bei der Touristenpolizei melden und ein Formular unterschreiben, in dem er bestätigt, dass er nicht abseits regulärer Straßen fährt. - Das wurde uns von einem Motorradfahrer den wir in Assuan getroffen haben berichtet.

In Dahab gönnten wir Mensch und Material eine kleine Pause.

Zusammenfassung:
  • Benzinverbrauch: knapp 10l/100km (statt gut 6l)
  • Wasserverbrauch: 24l
  • zurückgelegte Strecke: 110 km in 2 Tagen
  • Verkleidung an mehreren Stellen gebrochen
  • Profilstücke wurden von scharfen Steinen aus den Reifen herausgerissen
  • Ein Alukoffer war so verbogen, dass er sich nicht mehr schließen ließ.
  • unsere T-Shirts waren weiß vom ausgeschwitzten Salz
  • diverse blaue Flecken und Muskelkater


Kairo
Nach unserem Sinaidesaster machten wir uns auf den Weg nach Kairo. Der Verkehr in dieser riesigen Stadt mit ca. 15 Mio Einwohnern ist der Wahnsinn.
Hier einige Verkehrsregeln:

  • In Ägypten herrscht vorzugsweise Rechtsverkehr (genau weiß es glaub niemand), es kann aber auch links, quer schräg oder sonst wie zur Fahrtrichtung gefahren werden.
  • Blinken: kann man jederzeit, jedoch keinesfalls in diese Richtung abbiegen, damit rechnet kein Ägypter
  • Vorfahrt: (Fahrzeuggröße + Fahrzeugzustand + Lautstärke d. Hupe) x Geschwindigkeit x pers. Einsatz = Vorfahrtsindex derjenige mit dem höheren Index hat Vorfahrt
  • Fahrbahnmarkierungen dienen lediglich der optischen Auflockerung und müssen ignoriert werden.
  • Ampeln dienen zur Beleuchtung der Kreuzungen in wechselnden Farben. Nie bei Rot anhalten, sonst ist ein Auffahrunfall vorprogrammiert. Grün berechtigt lediglich zur Einfahrt in die Kreuzung mit höherer Geschwindigkeit als bei Rot = leichte Vorteile beim Vorfahrtsindex
  • Licht: Der verantwortungsbewusste Ägypter fährt nachts mit Standlicht, alle anderen ganz ohne.
  • Hupe: Da der Ägypter vor allem nachts nach Gehör fährt (das Licht ist ja aus) ist eine funktionierende Hupe unverzichtbar.
  • Vorfahrt: (Fahrzeuggröße + Fahrzeugzustand + Lautstärke d. Hupe) x Geschwindigkeit x pers. Einsatz = Vorfahrtsindex
    derjenige mit dem höheren Index hat Vorfahrt
  • Einbahnstraße: Straße mit eingeschränktem Gegenverkehr
  • Wenn man mit dem Motorrad an der Ampel steht, muss der Fuß ganz dicht am Motorrad stehen, sonst benutzt irgendein Auto deinen Fuß als Straße
  • Feinstaub: Nach einer Stunde Stadtverkehr ist das Gesicht rußgeschwärzt.
  • Geschwindigkeitshügel gibt es an den unmöglichsten Stellen. Sie sollten mit max. 2 km/h diagonal überfahren werden, da Kamelähnliche Bodenfreiheit erforderlich ist. Selbst mit dem Motorrad setzten wir so manches Mal auf.

Wenn man sich erst an alle diese Regeln gewöhnt hat, ist Fahren in Kairo ohne Probleme möglich. Jedoch werde ich mich, sobald ich wieder in Deutschland bin, freiwillig einer Verkehrs-Resozialisierungskur unterziehen.

Pyramiden von Gizeh (Stadtteil von Kairo)


am Nil entlang nach Assuan

Nachdem wir in Kairo alles wichtige erledigt hatten, fuhren wir den Nil bis Assuan hinunter. Da teils Konvoipflicht bestand und wir irgendwie die großen Konvois umfahren hatten (keine Ahnung wie) bekamen wir knapp 3 Tage lang für gut 500km einen persönlichen Begleitschutz. Ein Pickup mit 3-8 Polizisten begleitete uns den ganzen Tag. Da wir aber unsere Route selbst bestimmen konnten war das eher hilfreich wie lästig. Wir konnten uns nicht mehr verfahren und nachts passten sie vor dem Hotel auf unsere Motorräder auf.

Natürlich besichtigten wir auch einen ganzen Schwung voll Gräber, Tempel und Monumente. Leider gibt es keinen Reiseführer für technisch interessierte in dem beschrieben wird wie sie die teils riesigen Gebäude gebaut hatten. Deshalb haben wir dann ab Luxor alle alten Gebäude bestreikt und so gut wie nichts mehr angeschaut.


Übergang von der Trocken- zur Fruchtzone

Die Ausreise aus Ägypten kostete uns etwa 2 Tage, inklusive dem Ticketkauf für die Fähre in den Sudan.

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